Hoffnung für Problemhunde

Eine Chance für schwierige Felle
Eine Chance für schwierige Felle

Das Hundeprojekt „Resozialisierung problematischer Hunde“ des Deutschen Tierschutzbundes in Weidefeld (Schleswig-Holstein) hat sich eine ganz besondere Aufgabe gestellt: Problemhunde, die als unvermittelbar gelten, erhalten ein individuelles Training und werden dadurch wieder „gesellschaftsfähig“.

sprach mit der Verhaltensbiologin Dr. Katrin Umlauf, die das Projekt seit 2003 leitet.

Frau Dr. Umlauf, gleich vorneweg: Was sind eigentlich „Problemhunde“?

Dr. Umlauf: Problemhunde können ganz verschiedene Auffälligkeiten zeigen. Diese reichen von Unerzogenheit, Ängstlichkeit über Umweltunsicherheit bis hin zu Aggressionsverhalten gegenüber Artgenossen oder auch dem Menschen.

Aggression, mangelnde Erziehung, vielleicht auch Unberechenbarkeit – sind diese Problemhunde für ihr Umfeld gefährlich?

Dr. Umlauf: Das ist ganz unterschiedlich, unter unseren Schützlingen sind auch Hunde, die offiziell im Sinne negativ ausgefallener Wesenstests als gefährlich eingestuft wurden. Wir machen uns von jedem Hund unser eigenes Bild. Für uns ist es wichtig, die Ursachen für Problemverhalten zu analysieren und ein individuell abgestimmtes Therapieprogramm zu entwickeln.

Worauf führen Sie die Verhaltensauffälligkeiten bei Problemhunden zurück – liegt es am Tier oder vielleicht auch am Halter?

Dr. Umlauf: Angeborenes auffälliges Verhalten bei Hunden ist sehr selten und auf bestimmte Zuchtlinien beschränkt. Vielmehr liegt in der Mehrzahl der Fälle die Ursache im Fehlverhalten des Menschen, also etwa falsche Erziehung oder nicht-artgerechter Umgang mit dem Tier. Auch die Auswahl der Zuchttiere und die Aufzuchtbedingungen spielen für die Entwicklung eines Hundes eine große Rolle. Ganz wichtig ist, dass junge Hunde im Zeitraum von der 3. bis 12. Lebenswoche ihre Umwelt erkunden und den sozialen Umgang mit Artgenossen, anderen Tieren und Menschen erlernen. Wenn hier etwas schief läuft, wirkt sich das später negativ aus.

Woher kommen die Problemhunde, die Sie betreuen?

Dr. Umlauf: Unsere Einrichtung im Lissi Lüdemann-Haus versteht sich als Serviceeinrichtung für Tierschutzvereine. Die Tiere, die zu uns gebracht werden, gelten in den Tierheimen als unvermittelbar. Je nach Fall geben wir dem verantwortlichen Tierpfleger eine intensive Schulung für den Umgang mit dem Hund oder wir nehmen das Tier bei uns auf.

Wie muss man sich Ihre Arbeit mit den Problemhunden vorstellen, wie gehen Sie vor?

Dr. Umlauf: Zunächst geht es darum, dass wir das Verhalten des Hundes in verschiedenen Situationen sowie gegenüber Menschen und anderen Tieren genau beobachten. Auf Grundlage dieser Analyse erarbeiten wir konkrete Maßnahmen aus den Bereichen Sozialisation, Gewöhnung und Verhaltenskorrektur. Alle Hunde lernen bei uns Grundgehorsam und Leinenführigkeit. Manche unserer Hunde müssen wir zuerst an den Maulkorb gewöhnen, damit wir gefahrlos mit ihnen arbeiten können.

Es ist anzunehmen, dass es eine Weile dauert, bis sich eine Besserung zeigt. Wie lange arbeiten Sie im Schnitt mit den Problemhunden?

Dr. Umlauf: Die Trainingszeit ist ganz unterschiedlich und wird auf die spezielle Problematik, auf das Alter des Tieres, Bewegungsbedürfnis und Fitness abgestimmt. Manche Übungen dürfen nicht zu lange ausgedehnt werden, z. B. erfolgt die Maulkorbgewöhnung am Anfang nur über wenige Minuten, damit es keine negative Verknüpfung gibt. Erfolge stellen sich bei den meisten Hunden aber bereits nach ganz kurzer Zeit, nach wenigen Tagen, ein. Bevor ein Hund wieder vermittelbar ist, können jedoch Monate vergehen.

Haben Sie ein ganz besonderes Erfolgserlebnis? Eine Geschichte, die Ihnen zeigt, dass Ihre Arbeit auch in „hoffnungslosen Fällen“ greift?

Dr. Umlauf: Ja, besonders das Schicksal des Kelpie-Mischlings „Tyson“ ist uns sehr nahe gegangen. Der Hund wurde von seinem ehemaligen Halter schwer misshandelt, er hatte Knochenbrüche im Gesichtsbereich und Hämatome am ganzen Körper und wurde ohnmächtig hinter sich her geschleift. Schüler informierten die Behörden. Nach der Beschlagnahmung kam „Tyson“ in ein Tierheim und verhielt sich hier unnahbar, manchmal aggressiv. Wir haben über Vertrauensaufbau und Beschäftigungsprogramme wieder einen fröhlichen Hund aus ihm machen können, der nie wieder Probleme mit Menschen hatte. Heute lebt er gemeinsam mit einer Hündin bei seiner neuen Halterin, die uns nur Positives mitteilt.

Zum Abschluss: Was kann der Halter selbst tun, damit ein Problemhund „resozialisiert“ wird – haben Sie Tipps und Erfahrungswerte, die einen schwierigen Hund ruhiger machen?

Dr. Umlauf: Besser ist, es kommt gar nicht erst zu Problemen. Dafür ist es wichtig, dass sich Hundeinteressenten vorab über die Eigenschaften, Ansprüche und Bedürfnisse ihres Vierbeiners informieren. Die folgenden „Goldenen Regeln“ gelten während des Zusammenlebens von Mensch und Hund:

  1. Den Hund genau beobachten und sein Verhalten richtig deuten
  2. Hunde nicht vermenschlichen
  3. Individuelle Bedürfnisse des Hundes berücksichtigen
  4. Klare Regeln aufstellen und konsequent verfolgen
  5. Klare Signale (Stimme, Sichtzeichen) setzen
  6. Stets gleiche Hörzeichen verwenden
  7. Ausgiebiges, zeitnahes Loben für erwünschtes Verhalten nicht vergessen
  8. Unerwünschtes Verhalten sofort korrigieren
  9. Nur tierschutzgerechte Hilfsmittel verwenden
  10. Sollte es doch zu Problemen kommen: Im Zweifelsfall fachlichen Rat einholen!

Frau Dr. Umlauf, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Weitere Informationen und Kontaktdaten zum Thema Problemhunde erhalten Sie unter Tierschutzzentrum Weidefeld und Tierschutzbund. Dort kann auch die DVD „Umgang mit Hunden – Im Tierheim und Zuhause“ bestellt werden.

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