Bislang fristet die Disziplin Distanzreiten ein Nischendasein. Doch der Marathon für Pferd und Mensch nimmt einen immer größeren Stellenwert ein – besonders in den USA und in Großbritannien. Ein kurzer Überblick über Wettbewerbsbedingungen, Geschichte und erforderliche Ausrüstung.
Der Wettlauf
Beim Distanzreiten werden lange Strecken in einem vorgeschriebenen, hohem Tempo geritten. Die unterschiedlichen Distanzen liegen bei mindestens 25 und maximal 160 Kilometern – pro Tag. Dabei wird besonders auf die Verfassung des Pferdes geachtet. Die Pferde werden vor dem Start, am Ende jeder Pause sowie 20 Minuten nach Zieleinlauf in den so genannten Vet-Gates, einer Art tierärztlichen Boxenstopps, untersucht. Dabei werden Gangwerk, Stoffwechsel, Muskulatur und Puls überprüft. Stellen die Tierärzte einen Pulsschlag von über 64 Schlägen pro Minute fest, wird das Pferd disqualifiziert.
Die Strecken führen durch unterschiedliche Landschaften. Meist sind die Wege gekennzeichnet. Manchmal muss sich der Reiter mit Karte und Kompass orientieren. Gewonnen hat, wer als erstes die Ziellinie überreitet und auch die abschließende tierärztliche Untersuchung besteht. Beim Distanzreiten wird auch der Reiter gefordert: Eine Spitzenkondition und jede Menge Sitzfleisch sind unabdingbar. In erster Linie zählt die Kunst, die Kondition des Pferdes richtig einzuschätzen und mit taktischem Geschick und Einfühlungsvermögen Zeit und Leistung im Auge zu behalten.
Die Geschichte
Berittene Botendienste gab es bereits bei den alten Persern und unter Dschingis Khan. Die Bedingungen für Pferd und Reiter waren vergleichbar mit der später entwickelten Disziplin des Distanzreitens. Der erste offizielle Wettkampf wurde 1892 ausgetragen. Der Distanzritt Wien-Berlin war ein Wettstreit zwischen Kaiser Franz Josef von Österreich und Kaiser Wilhelm II. über 570 km. Die traurige Bilanz der Strapaze: 25 verendete Pferde. Das Rennen gewann mit einer Zeit von 71 Stunden und 27 Minuten Husaren-Oberleutnant Graf Starhemberg. Er war – bis auf kurze Rasten von insgesamt ungefähr 11 Stunden – ununterbrochen unterwegs.
Auch die Leistung im Jahr 1900 des Rittmeisters Spielberg, eine Distanz von 1.360 Kilometern von Saabrücken nach Rom in zwölf Tagen, gilt als historischer Leistungserfolg des Distanzreitens. Seine Vollblutstute „Cherry“ war damals bereits 15 Jahre alt und erreichte das Ziel in bestem Gesundheitszustand . In Deutschland begann das Distanzreiten 1969 unter Equitana-Gründer Wolf Kröber. Auch hier starben auf den 50 km-Ritten einige Pferde. In der Konsequenz wurden die Regeln zum Schutze der Pferde verbessert. Heute wird der Sport artgerecht und mit tierärztlicher Unterstützung betrieben.
Distanzreiten: Der Sport
Wer Distanzreiten betreiben möchte, sollte nicht nur über ausgezeichnete Kondition und Reitkenntnisse verfügen. Zur Qualifizierung müssen Pferd und Reiter als Paar in der ausgesuchten Disziplin einen Sichtungsritt absolvieren und das Protokoll vor Wettkampfbeginn vorlegen.Verschiedene Klassen bedeuten verschiedene Schwierigkeitsgrade. Zu den einfachen internationalen Klassen gehört etwa der „bronze buckle qualifier“. Es müssen 32,2 km in einer Geschwindigkeit von 10,5 bis 12,8 km/h geritten werden.
Eine wesentlich anspruchsvollere Klasse wird in Exmoore geritten, auch bekannt als „golden horsehoe“. Hier werden 160,9 Kilometer in zwei Tagen überwunden.In Deutschland stehen über den Verein Deutscher Distanzreiter (VDD) folgende Disziplinen zur Auswahl:- Einführungswettbewerbe mit einer Strecke von 25-39 km. Das Mindestalter des Pferdes muss bei fünf Jahren liegen.- Distanzen mit einer Strecke von 40-59 km. Das Mindestalter des Pferdes liegt bei sechs Jahren.- Mittlere Distanzen mit einer Strecke von 60-79 km. Das Mindestalter des Pferdes liegt auch hier bei sechs Jahren.- Die höchste Klasse: Lange Distanzen mit einer Strecke von 80-160 km. Die Pferde dürfen erst ab einem Alter von sieben Jahren antreten.
Bei nationalen Wettbewerben können die Regeln von Land zu Land voneinander abweichen. Internationale Distanzevents werden jedoch nach einheitlichen Regeln bestritten. In Deutschland unterliegt der Pferdesport Distanzreiten – wie auch der gesamte Turniersport – dem Bundesverband für Pferdesport und Pferdezucht, kurz FN (Fédéracion Equestre Nationale). Um die Betreuung der deutschen Spitzen-Distanzreiter kümmert sich das Deutsche Olympiade-Komitee für Reiterei e.V. (DOKR). In den USA boomt das „long distance horse riding“ bereits seit längerem. Auch Länder wie Großbritannien oder Frankreich verzeichnen einen rasanten Verlauf in der Endurance-Szene. Natürlich spielen arabische Länder auch in diesem Reitsport eine große Rolle. Die Vereinigten Arabischen Emirate waren bereits zweimal Austragunsort der WM im Distanzreiten. Die aktuelle Weltmeisterin im Distanzreiten ist die Spanierin Maria Mercedes Avarez Ponton. Auf ihrem 13-jährigen Wallach siegte sie in Malaysia nach acht Stunden und 48 Minuten. Ihre Durchschnittsgeschwindigkeit lag dabei etwas über 18 km/h, die Erholungszeit insgesamt bei stolzen 13 Minuten.
Welche Pferderassen sind geeignet?
Prädestiniert für lange Distanzen sind vor allem die Arabischen Pferde. Von jeher gezüchtet für hohe Temperatur und Luftfeuchtigkeit, glänzen sie durch ihre starke Ausdauer. Weltweit erfreuen sich vor allem Vollblutaraber als beliebteste Distanzpferde – auch aufgrund ihrer starken Lungen und ihrer harten, sehr starken und wohlgeformten Hufe. Perfekt für lange Strecken bringt der Araber zudem einen eleganten, leichten Gang mit sich.
In Deutschland starten mehr oder weniger alle Pferderassen als Distanzpferde. Da im Distanzsport auch gefahren wird, steht hier auch schon mal ein Pony auf dem Siegerpodest. Die Grundvoraussetzungen an das Pferd sind beste gesundheitliche Verfassung und eine solide Ausbildung. Auf Distanzritten müssen Wassergräben übersprungen oder durchritten, lange Strecken in hohem Tempo geritten oder auch stark befahrene Straßen überquert werden. Ein extrem hohes Maß an Vertrauen zwischen Pferd und Reiter ist deshalb unerlässlich.
Welche Ausrüstung brauche ich?
Anfänger im Distanzreiten benötigen kein besonderes Equipment. Ein Vielseitigkeitssattel reicht zu Beginn. Die Vielzahl an speziellem Material für Distanzsport bietet zwar eine große Palette an Neuerungen, jedoch sollte man sich zuvor sicher sein, diesen Sport auch wirklich betreiben zu wollen. Wichtig ist, wie bei jedem anderen Reitsport auch, dass Sattel und Zaumzeug stets gründlich kontrolliert werden. Eine sportliche Herausforderung zu Pferde bietet Distanzreiten allemal. Erfüllt man die Grundvoraussetzungen, so ist dieser Sport ein naturverbundenes, die Kondition förderndes Erlebnis für Pferd und Reiter.
Mehr Informationen zum Distanzreiten
Folgende Webseiten bieten Ihnen noch mehr Informationen zum Distanzreiten an:
Deutscher Dachverband aller Distanzreiter und -fahrer (VDD)
Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN)
Buchtipp: Distanzreiten – Tipps für Einsteiger