Nächtliches Hundegebell, Katzenkot im Gemüsebeet. Diskussionen über die Futterqualität im Pensionsstall. Wer bekommt den Hund bei der Trennung? Wenn’s um ihren Liebling geht, verstehen viele Zeitgenossen keinen Spaß. Schnell kochen die Emotionen über, immer wieder landen Konflikte rund ums Tier auch vor Gericht.
Gerade bei Streitigkeiten rund ums Tier kann mit Mediation viel erreicht werden. Natürlich liegt einem sein Tier am Herzen. Eine rasche Lösung ist für alle Beteiligten – auch für die tierischen – zweifellos die bessere Variante. Mediatorin und Volljuristin Christina Wenz zeigt an einem Beispiel wie Mediation funktionieren kann:
Familie S. lebt seit vielen Jahren glücklich in einem kleinen Ort in der Pfalz. Vor einigen Monaten nahm die Familie die Katze Minki aus dem Tierheim bei sich auf. Die Katze hat sich sehr gut eingelebt und alles könnte perfekt sein, wenn Minki trotz gleicher Futterration nicht immer dicker würde und nicht plötzlich immer öfter nachts wegbliebe. Von Nachbarn hat die Familie erfahren, dass Minki regelmäßig bei dem älteren Ehepaar Z. zu Mahlzeiten und Nächten auf dem Sofa einkehrt.
Da der Tierarzt der Familie bei der letzten Routineuntersuchung wegen der starken Gewichtszunahme der Katze schwer ins Gewissen geredet und die Gesundheitsgefahren aufgezeigt hat, sucht Herr S. mehrfach das Gespräch mit dem Ehepaar Z. Dieses ist leider sehr uneinsichtig und reagiert schnell pampig – die Katze sei nun mal ständig hungrig und man hänge eben mittlerweile sehr an dem Tier. Die Situation eskaliert über einige Wochen hinweg immer mehr und endet damit, dass Herr S. dem Ehepaar Z. mit dem Anwalt droht und ernsthaft ein Gerichtsverfahren in Betracht zieht.
Bei einem Spaziergang mit einer Bekannten bekommt Frau S. den Tipp, man solle es doch mal mit einer Mediation versuchen. Frau S. findet die Idee gar nicht so schlecht. Es kostet sie ziemliche Überredungskunst, ihren Mann von diesem Weg zu überzeugen, doch auch ihm ist klar, dass ein Gerichtsverfahren sehr viel Unfriede und verbrannte Erde hinterlassen kann. Schließlich möchte man sich in der Nachbarschaft weiterhin wohl fühlen und auch in die Augen schauen können.
Auch das Ehepaar Z. ist nicht sofort Feuer und Flamme für diesen Weg, sieht aber auch ein, dass es so nicht weitergehen kann. Vor allem Frau Z. hofft, dass Mithilfe der Mediation wieder Friede einkehrt, da sie schon gar nicht mehr gerne vor die Haustür geht, da sie Angst hat, wieder wegen der Katze angepflaumt zu werden.
So finden sich einige Tage später alle Beteiligten im Büro der Mediatorin wieder. Hier kann zunächst jeder seine Sicht der Dinge schildern. Die Anspannung, die sich in den letzten Wochen immer mehr gesteigert hat, ist allen Beteiligten stark anzumerken.
Die Mediatorin erklärt, dass man in der Mediation gemeinsam eine Lösung entwickelt, mit der alle Beteiligten zufrieden sind. In der Mediation gibt es im Gegensatz zu Gerichtsverfahren keine Verlierer, sondern nur Gewinner. In diesem außergerichtlichen Konfliktlösungsverfahren werden die Beteiligten als „Experten ihres Konflikts“ angesehen, die selbst am besten wissen, was für sie gut ist. Am Ende steht eine schriftliche Vereinbarung, die für alle Konfliktparteien bindend ist.
Nachdem allen Beteiligten klar ist, was Mediation genau ist, sind sich alle vier einig, dass man diesen Weg probieren möchte. Nun erarbeitet die Mediatorin mit den Parteien, wie man in der Mediation zusammenarbeiten möchte und welche Themen in der Mediation genau besprochen werden sollen. Es soll über Minkis Fütterung und darüber, wo Minki die Nächte verbringt, gesprochen werden.
In der zweiten Sitzung hilft die Mediatorin jedem Beteiligten herauszufinden und zu äußern, was die eigenen Bedürfnisse bezüglich des jeweiligen Themas sind. Frau Z. z.B. schildert, wie sehr sie mittlerweile an dem Tier hängt und wie viel Lebensfreude sie dadurch gewinnt. Sie möchte einfach nicht mehr auf die Gesellschaft des Tieres verzichten. Dennoch möchte sie sich in der Nachbarschaft weiterhin wohlfühlen und nicht immer hoffen, kein Mitglied der Familie S. zu treffen. Als sie hört, dass Lilli, die kleine Tochter der Familie S., abends immer sehr traurig ist, wenn die Katze nicht beim Einschlafen an ihrem Fußende liegt und der Vater unter anderem deshalb so heftig auf das abendliche Ausbleiben der Katze reagiert hat, tut ihr dies sehr leid. Für Familie S. ist es auch unerträglich, nicht zu wissen, ob Minki bei Familie Z. ist oder ihr vielleicht etwas passiert ist, wenn sie tagelang nicht nach Hause kommt. Durch das gegenseitige Zuhören entsteht Schritt für Schritt mehr Verständnis für die Situation des Anderen und die Lage entspannt sich sichtlich.
In insgesamt drei Sitzungen gelingt es, eine Lösung zu entwickeln, die die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt. Minkis Futterration wird künftig zwischen der Familie S. und der Familie Z. aufgeteilt, sodass das Tier nicht mehr die doppelte Futtermenge bekommt. Dafür übernimmt das Ehepaar Z. die Hälfte der Futterkosten. Tagsüber darf das Tier frei wählen, wo es seine Zeit verbringen möchte. Abends um 19 Uhr, wenn Lilli ins Bett muss, wird Herr Z. die Katze rüber zu Familie S. bringen, falls die Katze bei den Zs ist. Nach 19 Uhr lässt Familie Z. die Katze nicht mehr ins Haus. Es dauert nicht lange, bis Minki sich daran gewöhnt hat, dass ihr nächtliches Ruhelager wieder ausschließlich bei ihren Besitzern ist. Schnell hat sich das Verhältnis zwischen den Familien entspannt und alle Beteiligten können ihr Zusammensein mit der Katze wieder voll und ganz genießen.
Bei Streitigkeiten rund ums Tier sollte immer an die Möglichkeit einer Mediation gedacht werden. Konflikte rund ums Tier belasten sehr, da einem das Wohl des Vierbeiners am Herzen liegt – und das eigene Wohl selbstverständlich auch. Konflikte, die vor einem Richter enden, ziehen sich oft sehr lange hin. Eine Zeit, in der nicht nur der Mensch, sondern mitunter auch das Tier leidet. Mit Hilfe der Mediation können meist sehr rasch gute Lösungen gefunden werden.