Die Katzenszene ist in Aufruhr. Seit Wochen beherrscht eine erbitterte Diskussion die Foren. Es geht um Hybridkatzen. Genauer um die Caracat, eine Mischung aus dem wild lebenden, afrikanischen Karakal und einer Maine Coon Hauskatze. Die schlimmsten Befürchtungen: Bald wird es Kampfkatzen geben.
Es geht um ein deutsch-österreichisches Zuchtprojekt. Ein zahmer Karakalkater soll mit einer Maine-Coon-Katze verpaart werden. Die Mischung aus einer Wildkatze und einer Hauskatze wäre eine neue Hybridrasse: Die Caracat. Züchter sprechen von „outbreeding“. Ziel dieser Zucht ist die Schaffung einer Katze, die große Ähnlichkeiten mit dem wilden Karakal hat, aber zahm und umgänglich ist wie eine Hauskatze. Das Züchten solcher Hybride ist in zwei Fällen schon etabliert: bei der Savannahkatze und der Bengal.
Caracat-Gegner: Zuchtexperimente sind Quälerei
Doch jetzt reicht’s. Das meinen zumindest Katzenforscher wie Dr. Mircea Pfleiderer. Die Caracat-Expertin, die in Südafrika lebt und dort die Tiere studiert, fragt: „Warum brauchen wir noch mehr Hybride?“ Weiter sagt sie: „Outbreeding ist fürchterlich. Das Kreuzen von Wild- mit Haustieren lehne ich grundsätzlich ab.“ Auch Marion Holmes vom Cat Conservation Trust in Südafrika hat von den Plänen erfahren. Sie wurde direkt vom dem Besitzer des Karakals angeschrieben und gefragt, ob Sie an diesem Experiment teilhaben wolle. Doch sie lehnt die Zuchtpläne rigoros ab. „Natürlich unterstütze ich solche experimentellen Zuchtpläne nicht. Es handelt sich dabei um eine Quälerei der Katze.“
Denn das Problem bei der Verpaarung unterschiedlicher Rassen sind der Größenunterschied, unterschiedlich lange Tragezeiten und eine mögliche Gefährdung der Katze beim Deckakt. Denn der Karakal könnte die kleinere Katze aus Beute ansehen und sie töten. Oder die Katze leidet während der Geburt ihrer Nachkommen, denn diese werden voraussichtlich um einiges größer sein, als normale Kätzchen. Die zuständigen Behörden prüfen, ob ein Verstoß gegen § 11b des Tierschutzgesetzes vorliegt.
Der Katzenmutter werden die Jungen weggenommen
Ein weiterer Punkt, der Katzenfreunden und Tierschützern die Tränen in die Augen treibt, ist der, dass Kitten solcher Hybridkatzen schon nach wenigen Tagen von der Mutter getrennt werden. Es soll sogar Fälle geben, wo die Kätzchen direkt nach der Geburt der Mutter weg genommen werden. Denn nur bei Handaufzuchten können die Züchter solcher Caracats sicherstellen, dass die Katzen auf den Menschen bezogen sind. Auch ist die Rede von Kaiserschnitten, der Ernährung mit Magensonden und der Aufzucht in Brutkästen – alles nur, um mit einer neuen Rasse aufzufallen. „Mir kommt da das Grausen“, sagt Katzenexpertin Dr. Mircea Pfleiderer.
Auch nach einer geglückten Geburt kann es zu Problemen mit Wildkatzen und deren Hybriden kommen. Dr. Mircea Pfleiderer weiß, dass diese Tiere „Spritzen“. Sie benutzen nicht wie Hauskatzen eine Katzentoiletten, sondern lassen ihr Wasser – sollten sie in der Wohnung gehalten werden – an jedem beliebigen Ort. Sobald die Wildkatzen oder deren Hybride geschlechtsreif werden, begäben sich diese Tiere außerdem auf die Suche nach einem eigenen Revier. Sie werden unberechenbar. Tierarzt Dr. Matthias Görlach aus Butzbach berichtet von Wildkatzen die aus ihrem Gehege ausgebrochen seien. In einem Fall habe die Wildkatze sogar ein Kind angefallen. Ihm ist der Züchter, der nun die Caracat schaffen will, gut bekannt. Dessen Servale gehörten zu seinen Patienten, denn Dr. Matthias Görlach hat sich auf die Behandlung von Exoten spezialisiert. Doch bei der Züchtung der Caracat ginge es nur um eines: „Hier soll Geld mit einer neuen exotischen Art verdient werden.“
Wahnsinn – die Wildkatze für das Wohnzimmer
Die Züchter der Caracat sehen das freilich ganz anders. Sie haben eigens einen Verein gegründet, die International Foundation for Wild and Hybrid Cats (IFWHC). Auf deren Website heißt es, sie seien überzeugt, „dass bereits die ersten Generationen ein wohnungstaugliches Temperament vorweisen können!“
Mit dieser Hoffnung stehen die Mitglieder des im September 2010 gegründeten IFWHC allerdings allein. Wolfgang Ludwig, der Zoologische Leiter des Dresdner Zoos kann sich nicht vorstellen, dass sich jemand einen Karakal beziehungsweise einen Karkal-Hybriden als Haustier halten mag. „Wem es egal ist, wie seine Wohnung aussieht, kann das ja tun. Aber es wird heftige Kratzspuren geben. Karakale sind wie alle Raubtiere sehr selbst bestimmte Individualisten, die nie zahme Katzen sein werden.“
Caracat-Züchtung trotz Katzenschwemme in Tierheimen?
Dr. Mircea Pfleiderer, die langjährig als Assistentin des bekannten Katzenforschers Professor Dr. Paul Leyhausen gearbeitet hat, kennt die Möglichkeiten in der Hybridzucht. „Professor Leyhausen wusste schon sehr früh, dass wir Wildkatzen mit Hauskatzen verpaaren können.“ Doch Leyhausen habe seine Erkenntnisse nie publiziert, denn: „Wenn die Leute das rauskriegen, dann nimmt das keine gute Entwicklung“, so zitiert Dr. Pfleiderer ihren Mentor.Die schlimmsten Befürchtungen des großen deutschen Katzenforschers scheinen nun wahr zu werden. Dr. Mircea Pfleiderer fürchtet sich vor den ersten Schlagzeilen, dass eine Caracat einen Menschen angefallen und verletzt hat. Was passiert dann mit den riesigen Hybridkatzen? Wird es Verordnungen geben, wie wir sie jetzt schon für die so genannten Kampfhunde haben?
Am Ende bleibt die Frage: Muss alles getan werden, nur weil es die Möglichkeit dazu gibt? Müssen immer neue, exotischere Rassen gezüchtet werden? Muss immer etwas Neues ausprobiert werden, um die „Tüpfelmanie“ von einigen Katzenfreunden zu befriedigen? In Zeiten, in denen immer wieder von der Katzenschwemme in Tierheimen die Rede ist, scheint es absurd und zynisch, noch mehr Tiere für den Markt zu produzieren.
Hier geht’s zum Interview mit dem Karakal-Züchter.